Aus für die Berufseinstiegsbegleitung

Verlust für die Schullandschaft

Berufseinstiegsbegleitung an der Mittelschule Dingolfing wird eingestellt

BerEb22

Genau ein Jahr ist vergangen, seitdem die Berufseinstiegsbegleitung an bayerischen Mittelschulen gerettet schien. Der Bayerische Lehrerverband und der Schulamtsverband hatten sich vehement für den Erhalt der Stellen eingesetzt.

Diese begleiten Schüler mit besonderen Bedarfen auf dem Weg vom Praktikum über die Bewerbung hin zum Ausbildungsplatz und stellen so sicher, dass auch Kinder aus sozial schwachen Familien nicht durch das Raster des Arbeitsmarktes fallen. Diese Errungenschaften sind jedoch wohl kein Grund für die Fortsetzung der Finanzierung der BerEb. Zum neuen Schuljahr werden in Dingolfing wie im restlichen Freistaat keine neuen Schüler mehr in das Programm aufgenommen.

Bereits im vergangenen November war die Zuversicht nicht besonders groß, als die Dingolfinger BerEb im Gespräch mit der Heimatzeitung von den Finanzierungsproblemen berichtete. So konnte die Aufnahme neuer hilfsbedürftiger Schüler bereits im vergangenen Schuljahr nur mit Verspätung erfolgen. Nach den Sommerferien 2022 ist nun aber endgültig Schluss. Die Finanzierung der Berufseinstiegsbegleitung vonseiten des Freistaates wird eingestellt und die zumeist an Mittelschulen angegliederten Stellen werden aufgelöst.

Widersprüchliche Aussagen des Ministeriums

 „Tatsächlich gibt es keine inhaltlichen Gründe, die BerEb zu canceln“, berichtet der enttäuschte Dingolfinger Berufseinstiegsbegleiter Reiner Rotzler und bringt seinen großen Unmut gegenüber der Entscheidung zum Ausdruck. Auch die Kommunikation aus dem Kultusministerium wirkt in dieser Hinsicht nicht besonders überzeugend. Während das Ministerium sich im vergangenen Jahr noch erfreut zeigte „dieses erfolgreiche Modell gemeinsam mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit weiterführen zu können“, gebe es entsprechend einer aktuellen Mitteilung ausreichende Alternativen, wodurch keine Mittel für die BerEb eingeplant wurden.

Dieses Vorgehen stößt auch im Dingolfinger Schulamt auf Unverständnis. Schulamtsdirektor Stefan Pielmeier bezeichnete die Einstellung des Programms gegenüber unserer Redaktion als „sehr bedauerlich und zugleich überraschend.“ Schließlich hätten Initiativen auf verschiedenen Ebenen 2021 die Einstellung eigentlich bereits erfolgreich verhindert. „Gerade für Schüler mit erhöhtem Förderbedarf stellt die Berufseinstiegsbegleitung eine wichtige Schnittstelle zwischen Schule und Berufsleben dar. Von anderen Modellen ist diese nicht zu ersetzen, da vor allem die Präsenz an den Schulen entscheidend für den gewinnbringenden Input ist“, so Pielmeier weiter.

Für Ersatzmodelle gebe es ferner noch keine konkreten Anhaltspunkte, wobei deren Organisation wohl auch nicht auf individueller Betreuung ähnlich der BerEb ausgelegt wäre. Übernehmen müssen diesen Mehraufwand in der Berufsorientierung für Schüler mit erhöhtem Förderbedarf wohl die Lehrer. „Ich bezweifle auch, dass die reguläre Berufsberatung diese Einstellung kompensieren kann“, erörtert der Schulamtsdirektor.

Herausforderungen im Schulalltag wachsen

Das Lehrpersonal an den Mittelschulen habe dabei keineswegs die zeitlichen Ressourcen, um die BerEb adäquat zu ersetzen. Vielmehr herrscht ein erheblicher Lehrermangel, den das Kultusministerium mancherorts bereits mit Nicht-Pädagogen aufzufangen versucht. Diese Schieflage wird sich allerdings auch in Zukunft nicht auflösen. So wird erwartet, dass sich die Schülerzahlen an bayerischen Mittelschulen bis 2030 erhöhen, in Niederbayern wird von einem plus von rund neun Prozent ausgegangen.

„Die Herausforderungen im schulischen Alltag wachsen. Multiprofessionelle Teams wie die Berufseinstiegsbegleitung sind daher umso nützlicher“, resümiert Stefan Pielmeier vom Schulamt des Landkreises Dingolfing-Landau. „Die Berufseinstiegsbegleitung kümmert sich eben um jene Kinder, die von ihren Eltern nicht bei der Berufsorientierung unterstützt werden können. Die Beratungsarbeit kann zwar auch die Bundesagentur für Arbeit leisten, die Begleitung des Prozesses von der eigentlichen Bewerbung bis zur Einarbeitungsphase im Lehrbetrieb jedoch nicht. Möglicherweise kann die Jugendsozialarbeit an Schulen etwas auffangen, jedoch gehört diese Aufgabe natürlich nicht zu deren primären Tätigkeitsfeldern.“

Auch eine zukünftige Reinstallation der Berufseinstiegsbegleitung hält der Schulamtsdirektor für kompliziert. Man würde eine Umorientierung zwar begrüßen, jedoch wanderten die erfahrenen Fachkräfte nun ab und die Stellen müssten wieder bei null beginnen.

Dass die BerEb zum Sommer keine neuen Schüler mehr aufnehmen darf, ist beschlossen. Wer diese Vakanz mit Orientierung füllen soll, ist jedoch überregional wie auch in Dingolfing fraglich. Was bleibt ist Enttäuschung bei denen, die sich über Jahre das entsprechende Know-how erarbeitet haben und Bedauern bei Lehrerverband und Schulämtern, denen trotz energischen Einsatzes für den Erhalt der Berufseinstiegsbegleitung hierbei kein Entscheidungsgewicht beigemessen wurde.

Foto: Michael Seidl
Bericht: Michael Seidl, DA
28.03.2022

BerEb22

In Dingolfing sind die Räumlichkeiten der Berufseinstiegsbegleitung (noch) in der Mittelschule untergebracht.

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