Konrektorin Sieglinde Waasmaier promovierte


Doktorwürde mit Programm zur Verbesserung der Schülerleistung erlangt
 


Rektor Karl Peter Fuchs gratuliert Sieglinde Waasmaier zur Doktorwürde

Frontenhausen. (au) Eine außergewöhnliche Feier stand kürzlich in der Hauptschule auf dem Plan. Schulleiter Hans Peter Fuchs konnte seiner Stellvertreterin Sieglinde Waasmaier zur Promotion, also zur Verleihung der Doktorwürde, gratulieren.

 

Seit 2002 arbeitet die stellvertretende Konrektorin der Hauptschule, Sieglinde Waasmaier, mit Hauptschullehrer Ludwig Ganserer an einem Programm zur Verbesserung der Schülerleistungen in Mathematik, genannt „Sinus“. Bei Tagungen kamen die beiden mit Professoren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum in Kontakt, die als Referenten zu diesem Thema auftraten. Sieglinde Waasmaier und Ludwig Ganserer selbst stellten in Workshops Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland vor, wie sie die Schwerpunkte des Programms im alltäglichen Unterricht der Hauptschule umsetzten. An diesen Workshops nahmen auch diese hochkarätigen Mathematikdidaktiker teil, diskutierten mit den beiden und zeigten sich sehr beeindruckt von der Arbeit der Frontenhausener Lehrer. In Gesprächen wurde Sieglinde Waasmaier mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass es sich lohnen würde, diesen Unterricht wissenschaftlich zu untersuchen, inwieweit er der Kompetenzentwicklung der Lernenden dienlich sein würde. Bei Fortbildungen an den Schulen wurden Sieglinde Waasmaier und Ludwig Ganserer auch oft ganz konkret gefragt, ob dieser Unterricht den Schülern wirklich mehr bringen würde. Sie selbst waren davon überzeugt, jedoch fehlte der wissenschaftliche Beweis. Gerade für die Hauptschule gibt es kaum Untersuchungen in diesem Bereich.

Professor Dr. Ludwig Bauer von der Universität in Passau war von Anfang an begeistert, Sieglinde Waasmaier als Doktorvater zur Seite zu stehen. So sammelte sie zunächst über mehr als zwei Schuljahre beispielsweise Schülertexte aus den Schülerheften. Das Besondere an den Heften war, dass die Schüler zu den Aufgaben und ihren Rechnungen auch ihre Gedanken und Überlegungen aufschrieben. Außerdem hielten die Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken und Erfahrungen am Ende von Unterrichtsstunden fest. Natürlich gab es noch viele weitere Materialien, die in die Untersuchung einflossen. Besonders wertvoll ist die Arbeit von Sieglinde Waasmaier deshalb, weil sie Theorie und Praxis miteinander verknüpft. Alles, was sie in ihrer Untersuchung unter die Lupe nahm, hat sie selbst im Unterricht umgesetzt.

So konnte sie gut nachweisen, dass die Schülerinnen und Schüler an Hauptschulen wirklich in der Lage sind, selbstständig mathematische Sachverhalte zu entdecken und über ihr Lernen nachzudenken. Dabei hat die Lehrkraft die Aufgabe, Schülern Aufgaben bereitzustellen, die diese Arbeit ermöglichen, und die Schüler individuell in ihrem Lernprozess zu begleiten. Da es in Bayern im Moment keine Schulbücher gibt, die diese Richtung des Lernens in der von den beiden Lehrern praktizierten Form zu ermöglichen, entwickeln sie oft Aufgaben selbst, wobei sie Anregungen aus Lehrbüchern der Schweiz erhalten.

Unterricht und Promotion unter einen Hut zu bringen war nur deshalb möglich, weil sie eben wissenschaftlich untersuchte, was sie in der Praxis durchführte. Gewonnene Ergebnisse konnte die engagierte Lehrerin dann sofort weiter in die Unterrichtsgestaltung einfließen lassen. Verblüffend sei zu sehen, sagte sie, wie Schülerinnen und Schüler über ihr eigenes Lernen schreiben. „Manche Aussagen gehen einem wirklich unter die Haut. Aussagen, die von Professoren in Büchern geschrieben werden, sind oft in Schülersprache in Texten enthalten, das ist beeindruckend“, freute sich Sieglinde Waasmaier. Das sei dann bei aller Belastung Motivation, an der Arbeit zu bleiben. „Man hofft ja, dass die Ergebnisse der Untersuchung irgendwie vielen anderen Schülern zugute kommen, ihnen das Lernen erleichtern und auch Lehrerinnen und Lehrern ein Ansporn sind, selbst ihren Unterricht in diese Richtung weiterzuentwickeln. Das war das Grundmotiv für diese immense Arbeit – niemals der Doktortitel“, versichert Sieglinde Waasmaier.

Natürlich stellt die Kombination Beruf in der Schule und Promotion eine große Belastung dar. „Ich konnte das nur bewältigen, weil mir viele Personen eine Hilfe waren. Familie und Freunde zeigten Verständnis, dass es wenig Freizeit gab“. Viel Verständnis brachte seiner Kollegin Rektor Hans Peter Fuchs entgegen. Er gab ihr immer wieder zu erkennen, dass er diese Arbeit positiv sieht, weil es der Schule und ihren Schülern viel bringt. Eine große Hilfe war für Sieglinde Wassmaier auch die Zusammenarbeit mit Ludwig Ganserer in der „Sinus-Arbeit“, im Unterrichtsalltag und in kritischen Diskussionen. Kolleginnen und Kollegen ermunterten sie immer wieder diese Arbeit zu schreiben. Viel brachte ihr auch der Kontakt zu Professor Wieland aus der Schweiz. Ihnen allen gebührt wirklich großer Dank, sagte die Konrektorin. Hauptpersonen seien allerdings ihre Schüler gewesen, ohne die diese Arbeit nicht entstanden wäre.

Ihr selbst hat die Arbeit einiges gebracht: „Mir wurde immer wieder deutlich, wie wichtig es ist, seinen eigenen Unterricht kritisch zu betrachten und daraus Konsequenzen für die Unterrichtsgestaltung abzuleiten. Ich war oft beeindruckt von den Qualitäten der Schüleraussagen und den Gedankengängen der Schülerinnen und Schüler. Auch wenn ich immer der Meinung war, dass man ein Leben lang nicht auslernt, bin ich noch einmal auf einer ganz anderen Ebene wieder zum Lernenden geworden. Ich lernte wissenschaftliche Arbeitstechniken und musste dann nach der Bewertung meiner sehr umfangreichen Dissertation noch eine Prüfung ablegen.“

 

   

Bericht , DA
 .12.2009