Unter den Rektoren der Hauptschulen im Landkreis herrscht Spannung,
vielleicht sogar Anspannung: tief greifende Veränderungen sind angekündigt.
Einhergehend mit einer Aufgabenveränderung der Hauptschule wird es zu einer
schulübergreifenden Zusammenarbeit kommen müssen. Wenn nicht sogar zu
Standortschließungen. Denn schon hat Kultusminister Ludwig Spaenle deutlich
gemacht, dass nicht alle Hauptschulen werden überleben können.
Die momentan herrschende Unsicherheit ist die Folge der Pläne des
Bayerischen Kultusministers, die Hauptschule in eine Mittelschule
umzufunktionieren. Ab dem übernächsten Schuljahr soll die Hauptschule dann
auch nicht mehr so heißen. Die künftige Mittelschule soll eine intensivere
Berufsorientierung durch mehr Praktika vermitteln und eine engere
Zusammenarbeit mit den Berufsschulen vermitteln. Zudem sollen dann die
M-Züge bereits ab der fünften Jahrgangsstufe wählbar sein. Damit sei dann
die Mittlere Reife auf der neuen Mittelschule „nicht identisch aber
gleichwertig" wie Spaenle sagt. Auf einer Veranstaltung im Bayerischen Wald
verdeutlichte der Kultusminister Ende Juli weitere Einzelheiten seiner
Pläne. An 970 Standorten in Bayern gebe es derzeit noch Hauptschulen. Damit
so viele davon solange wie möglich bestehen bleiben, setze er, Spaenle auf
Verbünde. Doch Spaenle machte auch deutlich, dass nicht alle Hauptschulen zu
Mittelschulen werden können und genauso, dass nicht alle Hauptschulen
überleben werden.
Schulamtsdirektorin Angelika Haslbeck reduziert gegenüber dem „DA" die
Dramatik dieser Worte: „Das ist alles freiwillig". Im Oktober werde sie die
Bürgermeister und die Leiter der Hauptschulen im Landkreis zu einem
Sondierungsgespräch einladen. Bei dieser Zusammenkunft werde es um
Schülerzahlen, um mögliche Verbünde und um mögliche Eigenständigkeiten
gehen. Frau Haslbeck spricht von einem demokratischen Prozess und sie
betont: „Ich werde keine Schubladenpläne präsentieren". Auf der Homepage des
Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus werden derartige
Gespräche als „Dialogforen" bezeichnet, als deren Zielsetzung eine neue
Kultur der bildungspolitischen Diskussion angegeben wird. Die vielfältigen
Herausforderungen, mit denen das Schulwesen in den kommenden Jahren
konfrontiert sein wird, würden eine neue Kultur der bildungspolitischen
Diskussion voraussetzen. Als Ziel wird angegeben, Gesprächsprozesse vor Ort
zur Sicherstellung eines wohnortnahen, differenzierten und gerechten
Bildungsangebotes von hoher Qualität in Gang zu setzen. Die Dialogforen
stünden zukünftig als Instrument zur Verfügung, um bei wichtigen Fragen der
Bildungspolitik und der Schulentwicklung vor Ort die jeweiligen regionalen
Gegebenheiten, Beobachtungen und Wünsche stärker einzubeziehen, z. B. bei
der Weiterentwicklung der Schulorganisation oder der Schwerpunktsetzung und
Entwicklung des schulischen Bildungsangebotes.
Der Präsident des BLLV, Klaus Wenzel reagierte mit „Enttäuschung und
Entsetzen" auf Spaenles Pläne. Den Begriff Mittelschule nannte er einen
Etikettenschwindel. Statt starke und' schwache Schüler im Klassenverband
individuell zu fördern, werde die Hauptschule weiter segmentiert. Es
entstehe eine „tragische Homogenität", bei der „es keine Starken mehr als
Lokomotive gibt".
|